PSNV-Fachkräfte im Krisengebiet in Rheinland-Pfalz
Erding/Freising/Bad Neuenahr-Ahrweiler – Die Nachricht der Naturkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrheinwestfalen ging wie ein Lauffeuer durch Deutschland. In den Medien waren und sind Bilder der Zerstörung und des Leids zu sehen. Viele Hilfsorganisationen entsandten Fachkräfte in die Region um vor Ort helfen zu können. So gelangte das Kriseninterventionsteam Erding-Freising vom BRK dort hin.
Der Fachdienst Psychosoziale Notfallversorgung, kurz PSNV, ist auch unter dem Begriff Kriseninterventionsteam (KIT) bekannt. Das Team Erding-Freising gehört seit 2016 zum BRK.
Der Einsatzbefehl kam und sechs Einsatzkräfte packten ihre Taschen. Vor Ort waren als Leiterin PSNV für das Kontingent aus Bayern Dr. Birgit Wahl, als Psychosoziale Fachkraft m. sc. Sarah Haux, als Gruppenführerin Iris Menzinger und als Facheinsatzkräfte PSNV Monika Knöferl, Sven Haarkötter, Florian Strömsdörfer und Lukas Wildmoser.
Die Intention
Der Hauptgrund für die Einsatzkräfte sich ehrenamtlich und freiwillig zu melden, war der Wunsch helfen zu können. Die Bilder aus den Medien ließen sie nicht los. „Da müssen wir doch etwas tun. Bei einer Katastrophe von diesem Ausmaß hilft jeder jedem.“ sagt Fachdienstleiter Lukas Wildmoser. Die sechs Kräfte waren schnell gefunden. Die anderen halten Zuhause die Stellung.
Die Ankunft
Mitten in der Nacht kommen die Einsatzkräfte in Rheinland-Pfalz an. Sie finden sich am Nürburgring ein und können noch kurz schlafen. Die erste Nacht bzw. Teile davon verbringen sie in einem Zelt. So stören sie andere Einsatzkräfte nicht, die erschöpft in einer Disco schlafen, die zu einer Unterkunft für die Helfer umfunktioniert wurde. Am nächsten Tag ziehen die sechs Fachkräfte dahin um.
Der erste Tag
Die Helfer wissen schon jetzt die trockene Unterkunft, wenn auch mit Gemeinschaftsbad und Feldbetten, sowie die Verpflegung zu schätzen. Dabei haben sie von dem Ausmaß der Katastrophe noch nicht viel gesehen. Die Erdinger und Freisinger Rotkreuzler sind ein Teil der 150 PSNV-Kräfte und Seelsorger aus der ganzen Bundesrepublik. Bisher ist es der größte Einsatz dieser Art in der Krisenintervention für Deutschland.
Der Einsatz
Sie sind in Bad Neuenahr-Ahrweiler in der Stadt unterwegs. Überall Trümmer. Nichts scheint mehr am richtigen Platz zu sein. „Man denkt, man ist im Film oder im Krieg.“ geht den PSNV-Kräften durch den Kopf. Sie liefen durch eine Siedlung und betreuten Betroffene, die Redebedarf hatten. Viel erfuhren die Einsatzkräfte über den Kummer, die Schicksalsschläge und Erlebtes. Ein Türöffner, um ins Gespräch zu kommen, war der bayerische Dialekt. Die Betroffenen waren gerührt von der Unterstützung, die von soweit herkommt.
Die Schicksale
Am schlimmsten ist für die Menschen vor Ort die Hilflosigkeit. Sie haben Nachbarn, Bekannte und auch Fremde gesehen, die sofort Hilfe gebraucht hätten. Viele waren in ihrem Haus gefangen und konnten nicht helfen, weil sie sonst selber zu Schaden gekommen wären. Das wird die Menschen noch lange verfolgen.
Die Einsatzkräfte
Bei den Rettungskräften zehrt der Einsatz sehr an den körperlichen und psychischen Kräften. Feuerwehrler konnten nicht helfen, weil die Strömung zu stark war. Das ist für Einsatzkräfte mit das Schlimmste. Helfen wollen und nicht können.
Andere sind der totalen Erschöpfung nahe. So eine 19jährige DRK-Einsatzkraft. Etwa 30 Stunden am Stück übernahm Michael K. (Name geändert) die Betreuung Unverletzter, die kein Dach mehr über dem Kopf hatten. Dabei wusste er, dass sein Elternhaus nur 50 Meter von der Ahr entfernt steht. Er musste sich erst um die Unmengen an Betroffenen kümmern. Dabei machte sich eine gewisse Hilflosigkeit breit. Mit nur wenigen Kameradinnen und Kameraden war diese Aufgabe nur schwer zu bewältigen.
Das Fazit
Der Einsatz dauerte 72 Stunden. Gern wären die Erdinger und Freisinger PSNV-Kräfte noch geblieben. Aus Gründen des Eigenschutzes gilt der Einsatzbefehl nur über diesen Zeitraum. Die Hilfe wurde vor Ort gut angenommen. Es gab keinerlei Beschimpfungen. Alle Betroffenen waren sehr freundlich. Sie wollten sogar die Einsatzkräfte unterstützen, z.B. mit Nahrung.
Die Rückkehr
Nach etwa neun Stunden Fahrt sind die PSNV-Kräfte wieder in Erding eingetroffen. Erschöpft, aber erleichtert in Sicherheit zu sein und mit dem Wunsch nach Schlaf stiegen sie aus dem Fahrzeug. Kreisbereitschaftsleiter Dieter Pfanzelt fragte, ob sie es wieder tun würden und alle sagten ja. Die BRK-Helden sind wieder da, aber davon wollen sie nichts hören. Iris Menzinger sagte dazu: „Die wahren Helden sind die Menschen vor Ort.“